Schildkröte im Display

Bei uns herrscht Umsteiger-Blues. Unsere Suche nach der Energiewende ist leider vorbei. Zum Schluss haben wir 7 Tage mit den Elektroautos und über 40 Stunden an Interviews in eine lange Reportage gepackt: Quer durch das Umsteigerland, mit der gelben Schildkröte als Dauergast.

Suchen, laden, warten.

Acht Tage mit dem Elektroauto quer durch Deutschland – eine Reise mit gerissenem Kabel,  streikenden Ladesäulen, entlegenen Ladesäulen, privaten Ladesäulen – und der Schildkröte im Display. Inzwischen sind wir wieder auf Bus, Bahn und Fahrrad umgestiegen. Zum Abschluss eine Bilanz – zum Hören und Gucken.

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Klimaschutz auf Technobeats

Wir sind zurückgekehrt, in den Ort, in dem unsere Reise begonnen hat: Berlin. Eine Stadt, die junge Leute aus der ganzen Welt anzieht – auch wegen ihrer Clubszene. Exzessiv Feiern, es maßlos übertreiben, das kostet Energie – nicht nur den Nachtschwärmer.

Die rund 300 Berliner Clubs verbrauchen mehr Energie als 10.000 Haushalte. Das geht auch klimafreundlicher, sagen junge Umweltschützer. Sie wollen die Clubbetreiber dazu bringen, mehr für die Energieeffizienz zu tun. Doch sie setzen nicht nur auf Argumente. Ihr Mittel ist der Mob. Wie das geht, hört ihr hier:

Die Öko-Schlange in Dessau

Team Süd zu Gast im Umweltbundesamt

Kommt doch vorbei, falls ihr noch Zeit in Eurem Terminplan findet – schreibt uns das Umweltbundesamt. Und da Dessau auf unserer Rückreiseroute liegt, machen wir Halt und laden auf – und das obwohl Samstag und damit eigentlich kein Behördentag ist. Magnus Maier und Christoph Zinsius zeigen uns trotzdem ihren Arbeitsplatz: ein buntes schlangenförmiges Gebäude, Photovoltaikanlagen auf dem Dach, Wärmespeicher im Boden. 900 Mitarbeiter beschäftigen sich hier mit Umweltfragen – im Auftrag der Bundesregierung.


Fotos: Thielko Grieß, Sina Fröhndrich, Katharina Hamberger.

 
Das Umweltbundesamt (UBA) wurde 1974 gegründet. Es unterstützt die Bundesregierung durch wissenschaftliche Beratung und führt Umweltgesetze aus. Außerdem hat das Umweltsiegel „Blauer Engel“ hier sein zu Hause.

„Im Dorf sagen sie, wir haben einen Knall“

Familie Pötting meint es ernst: Ihr Bio-Hof in der Nähe von Paderborn ist ein Umsteigerland in Kleinformat.

„Kommt doch bei uns auf dem Hof auf einen Tee vorbei“, schreibt Anja Pötting auf unseren Blog. Scharmede in Ostwestfalen, das liegt einigermaßen auf unserer Route. Also fahren wir hin und bleiben gleich über Nacht – in einem alten Truppenwagen, den die Pöttings für Gäste im Garten stehen haben.

Rote Sonne überall
Das erste, was wir bei der Ankunft auf dem Hof sehen, ist eine große rote „Atomkraft? Nein Danke“-Sonne. Sie prangt an einer Fahne neben dem Eingang. Dann begegnet sie uns auf Broschüren, auf einer selbstgebastelten Kerze und auf einem Sticker an Luzis Kinderwagen.

Ein Baby, fünf Erwachsene und viele Tiere
Luzi, vier Monate alt, ist der jüngste Spross der Familie Pötting. Zu der gehören außerdem Mama Anja, Papa Marius, OnkelKilian und die Großeltern. Sie alle leben gemeinsam auf dem Hof: mit Kühen, Pferden, Schafen, Gänsen, Hühnern und jeder Menge Energie – eigener Energie.

Eine Umsteiger-Familie
Angefangen hat es mit Opa Pötting, genannt Mampo, der als erster im Dorf eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach installierte. 12 Jahre ist das her. Sohn Marius und dessen Frau Anja legten noch einen drauf: weitere Solaranlagen, Elektroauto und Stromwechselpartys mit selbstgebackenem AKW-Kuchen.

Doch der größte Stolz der Pöttings ist – neben Luzi natürlich – ihr eigenes Windkraftwerk. Es steht auf einer großen Wiese in Sichtweite des Hofs. Team Nord ist hinaufgeklettert: Anfangs euphorisch, dann atemlos und am Ende begeistert von der Aussicht.

Den Aufstieg zu hören gibt’s hier

Am anderen Ende der Leitung

Über den Netzausbau in Umsteigerland – Beobachtungen in Nord und Süd

Anette Martin begrüßt uns mit einem Aktenstapel in der Hand, zeigt von ihrem Garten im fränkischen Ebersdorf aus, wo die Hochspannungsleitung ent-stehen soll – der Stromhighway, gegen den sie protestiert. Der niederländische Stromnetzbetreiber TenneT baut in direkter Sichtweite eine neue Trasse. Es gehe ihr nicht um Ästhetik, sagt Martin. Es gehe ihr um den Nutzen. „Braucht Deutschland wirklich Stromtrassen?“, fragt sie.


Bis zu 4.500 Kilometer neuer Leitungen braucht Umsteigerland, sagt die Politik. Sie sind Teil des Energiekonzepts der Bundesregierung: „Noch sind unsere Stromnetze nicht auf den Transport der erneuerbaren Energien ausgelegt“.

400 Kilometer nordwestlich steht Andreas Preuß am Fuße eines Stahlgiganten. In Ibbenbüren baut sein Arbeitgeber Amprion gerade einen wichtigen Knotenpunkt aus. Denn die Netzbetreiber stehen nun in der Pflicht. 800 Kilometer muss allein Amprion stemmen. Atomstrom in den Leitungen? Das sei nicht seine Angelegenheit, sagt Preuß: Über den Strommix entscheide nicht Amprion. Aber es sei doch gerade die Energiewende, die den Ausbau nötig mache.

 

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Erfurt. Fast ein Meisterstück.

Kein Strom am Dom

Erfurt soll unser Meisterstück werden. Wir erklimmen den Thüringer Wald und rollen von da an nur noch bergab in die Landeshauptstadt. Die Sonne scheint – es ist ein perfekter Tag. 

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Das beste: Die Ladestation der Stadtwerke steht seit Kurzem am Fuße des Doms – und nicht, wie in Grimma, in einem grauen Gewerbehof. Sogar eine Karte haben wir uns organisiert, um die Säule für uns aufzuschließen. Und der anberaumte Termin mit einem Elektromobil-Enthusiasten verspricht ein spannendes Gespräch.

Das Interview war tatsächlich aufschlussreich. Nur das Laden war einmal mehr eine kleine Odyssee – zu hören im Audio.

Tag 7: Raser und Schildkröten

Team Süd muss in die Werkstatt, scheitert an einer Erfurter Ladesäule und fährt ausnahmsweise mal schnell. Team Nord genießt das Landleben, steigt ziemlich hoch hinauf und macht Bekanntschaft mit einem besonders langsamen Tierchen.

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Fotos: Sina Fröhndrich, Katharina Hamberger, Thielko Grieß, Axel Rahmlow, Markus Dichmann, Aglaia Dane

Stromspeicher dringend gesucht

Sie waren auf unserer Reise durchs Umsteigerland allgegenwärtig: die Energiespeicher. Im Handy, im Auto, im Laptop. Hier funktionieren sie meist wunderbar – mal von der kurzen Reichweite unseres E-Mobils abgesehen. Wo sie noch nicht funktionieren: beim Objekt unserer Reise-Begierde, den Erneuerbaren Energien. Bislang gibt es keine Möglichkeit den Strom, den sie erzeugen, für längere Zeit zu speichern. Deshalb stehen zum Beispiel oft so viele Windräder still. Wenn ihr Strom nicht gebraucht wird, dann dürfen sie ihn erst gar nicht produzieren.

Aber es soll sie geben, die fleißigen Forscher, die in Deutschland ihre Zeit in Laboren verbringen, um dieses Problem zu lösen. Die Suche nach ihnen gestaltet sich nicht so einfach, denn diese Wissenschaftler sind selten. Am Ende hat Team Süd doch noch einen gefunden: Ulrich Zubenbühler ist ein waschechter Schwabe und möchte, dass der Strom, den Sonne, Wind und Wasser erzeugen, in Form von Gas gespeichert wird. Dieses Gas kann dann in die bestehenden Erdgasleitungen eingespeist werden. Damit lässt sich in Kraftwerken wieder Strom gewinnen – oder auch ein Auto betanken. Wie das funktioniert, versucht er mit möglichst einfachen Worten an seinem Forschungsstandort, dem Zentrum für Solarenergie- und Wasserstoffforschung (ZSW) in Stuttgart, zu erklären. Und es fühlt sich an wie Chemieunterricht im ersten Jahr.