Schildkröte im Display

Bei uns herrscht Umsteiger-Blues. Unsere Suche nach der Energiewende ist leider vorbei. Zum Schluss haben wir 7 Tage mit den Elektroautos und über 40 Stunden an Interviews in eine lange Reportage gepackt: Quer durch das Umsteigerland, mit der gelben Schildkröte als Dauergast.

„Im Dorf sagen sie, wir haben einen Knall“

Familie Pötting meint es ernst: Ihr Bio-Hof in der Nähe von Paderborn ist ein Umsteigerland in Kleinformat.

„Kommt doch bei uns auf dem Hof auf einen Tee vorbei“, schreibt Anja Pötting auf unseren Blog. Scharmede in Ostwestfalen, das liegt einigermaßen auf unserer Route. Also fahren wir hin und bleiben gleich über Nacht – in einem alten Truppenwagen, den die Pöttings für Gäste im Garten stehen haben.

Rote Sonne überall
Das erste, was wir bei der Ankunft auf dem Hof sehen, ist eine große rote „Atomkraft? Nein Danke“-Sonne. Sie prangt an einer Fahne neben dem Eingang. Dann begegnet sie uns auf Broschüren, auf einer selbstgebastelten Kerze und auf einem Sticker an Luzis Kinderwagen.

Ein Baby, fünf Erwachsene und viele Tiere
Luzi, vier Monate alt, ist der jüngste Spross der Familie Pötting. Zu der gehören außerdem Mama Anja, Papa Marius, OnkelKilian und die Großeltern. Sie alle leben gemeinsam auf dem Hof: mit Kühen, Pferden, Schafen, Gänsen, Hühnern und jeder Menge Energie – eigener Energie.

Eine Umsteiger-Familie
Angefangen hat es mit Opa Pötting, genannt Mampo, der als erster im Dorf eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach installierte. 12 Jahre ist das her. Sohn Marius und dessen Frau Anja legten noch einen drauf: weitere Solaranlagen, Elektroauto und Stromwechselpartys mit selbstgebackenem AKW-Kuchen.

Doch der größte Stolz der Pöttings ist – neben Luzi natürlich – ihr eigenes Windkraftwerk. Es steht auf einer großen Wiese in Sichtweite des Hofs. Team Nord ist hinaufgeklettert: Anfangs euphorisch, dann atemlos und am Ende begeistert von der Aussicht.

Den Aufstieg zu hören gibt’s hier

Ruhige Rekordrebellen

Rebellisch sind sie irgendwie, aber eher auf untypische Art und Weise: Die Artländer. Sie leben in einer kleinen Gemeinde im Westen Umsteigerlands, zwischen Oldenburg und Osnabrück, 23.000 Einwohner. Das Artland, bestehend aus den Dörfern Badbergen, Menslage, Notrup und der Stadt Quakenbrück, produziert bereits 50 Prozent seiner Energie selbst und zwar aus eigenen, regenerativen Quellen. Und bis 2020 will das Artland in aller Ruhe den Rekord einfahren: Deutschlands größte Selbstversorger-Gemeinde werden.


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Energiewende von unten – schön und gut. Aber was sagen die Artländer zu dem Plan? Wir haben uns auf dem Marktplatz von Quakenbrück umgehört.

Windräder in Sachsen? Aber nicht hier. – Rekordversuch in Niedersachsen? Ja bitte.

Wer die Energiewende will, muss auch sagen, wo der Strom stattdessen herkommen soll.   Aus der Windkraft, meint die sächsische Staatsregierung. Sie will mehr Flächen für Windkraft ausweisen, damit ihr Anteil an der Energieerzeugung im Südosten steigt.

Fotos: Axel Rahmlow, Thielko Grieß.

Es sind Anlagen im Gespräch, die rund 200 Meter in die Höhe ragen – etwa doppelt so hoch wie das Leipziger Völkerschlachtdenkmal. Gesagt ist allerdings noch lange nicht getan: Gegen die Windkraftpläne gibt es Widerstand. Der kommt, in den Dörfern rund um Zschepplin nahe Eilenburg, von Umweltschützern. Andere Bürger dagegen sehen Möglichkeiten, mit der Windkraft zu verdienen und grünen Strom zu produzieren. Team Süd hat die Region durchstreift.

 

 

Viel Streit gibt es rund um Zschepplin, (fast) nur Einigkeit dagegen im Artland. Und ja, es stimmt – die Gemeinde in Niedersachsen ist nicht gerade groß, man könnte auch sagen: klein. 180 km² Fläche und 23.000 Einwohner. Aber der Versuch, der dort gewagt wird, ist von einem ganz anderen Maßstab. Gelingt er, wird das Artland zur größten energieautarken Region Deutschlands. Biomasse, Wind und Sonne – das sind etablierte regenerative Energie-quellen, aber die Artländer möchten alle drei gemeinsam nutzen. Und zwar nicht länger aus zentralen Riesenkraftwerken, sondern aus de-zentralen, kleineren Anlagen über die ganze Region verteilt. Wie’s funktionieren soll, hat sich Team Nord angeschaut. 

Tag 3: Landleben

Wollschweine, verliebte Schafe, Raps, Mais und Mist – Team Süd und Team Nord haben ihr Reporterglück auf dem Land gefunden. Team Süd bei einer sächsischen Selbstversorgerfamilie, Team Nord im Artland, einer Region, die energieunabhängig werden will.

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Fotos: Aglaia Dane, Markus Dichmann, Sina Fröhndrich, Thielko Grieß, Katharina Hamberger, Axel Rahmlow

Die dunkle Seite der Energiewende

Team Süd im Braunkohletagebau Jänschwalde

Andreas Stahlberg liebt die Kiefern, die Moore und die Nähe zu Polen. Der 45-Jährige ist im Ruhrgebiet aufgewachsen und lebt seit einigen Jahren in der Gemeinde Schenkendöbern, in der Nähe von Cottbus. 16 Orte, die an den Braunkohletagebau Jänschwalde angrenzen. Der Energieversorger Vattenfall will weiter graben und ein neues Kohlefeld erschließen. Drei Dörfer müssten den Schauffelbaggern weichen. In Zeiten der Energiewende nicht nachvollziehbar für Stahlberg, der für Schenkendöbern zuständig ist für Fragen rund um den Tagebau.

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Schwarmstrom und Schattenseiten

Kraftwerk zwischen Wein und Wäsche

Die Energiewende wird nicht nur von oben gestaltet – von Politikern und großen Stromkonzernen. Der Wandel passiert auch in den Dörfern, Häusern, Familien. Und er kommt auch von ganz unten: aus Kellern. Zuhausekraftwerk, heißt das Konzept. Der Ökostromkonzern Lichtblick hat den Plan, 100.000 Haushalte in Deutschland mit diesen Mini-Blockheizkraftwerken auszustatten. Sie könnten so viel Strom produzieren, wie zwei Großkraftwerke. Bisher machen 400 Haushalte mit. Zu den ersten gehörte das Berliner Ehepaar Gröhndahl. Team Nord hat sie besucht.


Von wegen erneuerbar – die Kohle kehrt zurück

„Die Rolle der Braunkohle müssen wir – auch als Folge des Atomausstiegs – neu bestimmen,“ sagt Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck. Das Bundesland setzt auf die Braunkohle, als Brückenenergie und als Arbeitgeber. Die Energiewende ist damit auch eine Renaissance der Kohle, die im Tagebau Jänschwalde bei Cottbus sichtbar wird. Team Süd auf der dunklen Seite der Energiewende.

Start ins Umsteigerland

07:30 Uhr – Berlin-Moabit: Start ins Umsteigerland. Heute morgen haben wir die Sachen endgültig gepackt und uns getrennt in zwei Teams auf den Weg gemacht. Team Nord musste schon den ersten Tankstopp einlegen, die Säule steht direkt an einem Golfplatz.  Und Team Süd ist auf dem Weg in die Lausitz, um sich dort einen Braunkohle-Tagebau näher anzuschauen – steht aber im Stau.

Auch im Frühprogramm von Deutschlandradio Kultur nimmt Umsteigerland Fahrt auf. Während wir erst mal  Kilometer schrubben, macht Steffen Schneider den Anfang. Er ist Bürgermeister von Oederan. Die Stadt in Sachsen rief am 28. April 1996 den „Tag der erneuerbaren Energien“ aus. 17 Jahre später ist daraus eine bundesweite Initiative geworden.